Ein Verlust ist anzuzeigen: Calvin und Hobbes sind von uns gegangen. Calvin, der bis zur Unerträglichkeit aufgeweckte Sechsjährige, und sein lebenslustiger Schmusetiger, der (vielleicht) aus Stoff und jedenfalls viel größer war - sie sind nicht mehr. Zum Ende letzten Jahres hat ihr Schöpfer Bill Watterson die beiden, die zu den beliebtesten Comic-Figuren der USA gehörten, von der Bildfläche verschwinden lassen. Mit gutem Grund: 10 Jahre sind ein langes Leben für Strichfiguren, manchen, die wesentlich älter werden durften, ist das gar nicht gut bekommen.
Die Erinnerung an das anarchiche Duo lebt in Stapeln alter Zeitungen fort, und wer auf seine tägliche Dosis C&H partout nicht verzichten will, kann die selbstverständlich über das Net beziehen: Unter http://www.uexpress.com/cgi-bin/ups/mainindex.cgi?code=ch werden sämtliche Strips seit dem ersten vom 18.11.1986 wiederveröffentlicht - immer gleich für zwei Monate zusammen.
Auch andere der meistens nur zwei oder drei Bilder langen Bildfolgen, ohne die amerikanische Tageszeitungen nachgerade undenkbar sind, haben sich längst ihren Platz auf dem digitalen Medium erobert. Die unvermeidlichen Peanuts des Charles M. Shultz haben Schröders Flügel und Snoopys Hütte auf http://www.unitedmedia.com/comics/peanuts/ aufgestellt, und was Snoopy recht ist, kann Garfield nur billig sein: http://www.garfield.com ist die virtuelle Adresse, unter der der Vorhänge und Nerven zerfetzende Kater mit seinem Katzenklo eingezogen ist. Klar, Helge Schneiders "Katzenklo" gibt es auch auf dem Web (http://nero.prakinf.tu-ilmenau.de/~gajdek/katzenklo.html), und von dort aus findet man direkt zu einer Seite mit ein paar Zeichnungen von Uli Stein (http://nero.prakinf.tu-ilmenau.de/~gajdek/ryskaw.html#stein), aber ansonsten scheinen sich deutsche Karikaturisten auf dem Web eher zurückzuhalten.
Aktueller Star der amerikanischen Web-Comic-Szene ist derzeit Scott Adams Dilbert mit seinen Freunden Dogbert, Ratbert und Catbert sowie einer unübersehbaren Menge ausgewählter Chefs. Das Dilbert-Archiv auf http://www.unitedmedia.com/comics/dilbert enthält eine vollständige Chronik des namenlosen Grauens aus dem ganz gewönlichen Business-Alltag im Informationszeitalter.
Dilbert markiert den Übergang zur abgründigeren Abteilung des Genres, den "Comics aus dem Unterbewußten" von Tim Eagan (http://www.tooluser.com/comics/eagan/) zum Beispiel oder zu "Borderline" von Gabe Martin (http://www.mpn.com/borderln/). Da verzerrt sich eine schiefe Realität zur Kenntlichkeit, wenn Martin den Bootsmann auf der sinkenden Titanic rufen läßt "Frauen und Kinder zuerst in die Boote" - und ein Mann sich beschwert: "Das ist sexistisch und seniorenfeindlich". Eagan läßt zwei Unbewußte im Taumel zwischen DNS und Sternenzelt darüber rätseln, ob Vererbung oder Umgebung den Menschen bestimmen - bis ein gigantischer Enterich mit vertrauten Zügen sie zur Ordnung ruft: "Wo bleibt das Übernatürliche!"
Kein Wunder, daß die Server mit den Comic-Angeboten oft genug so überlaufen sind, daß die Bilder nur im Schneckentempo übertragen werden.
Einen etwas eigenwilligen, aber zunächst durchaus erfolgversprechenden Weg, um auf dem Web Geld zu machen, hatte sich der bislang namenslose Betreiber eines Schmuddelservers in Dallas, Texas ausgedacht. Mit http://sexygirls.com (inzwischen offline) warb der Dienstleister um das Interesse der einschlägig geneigten Kundschaft, und da er seine Bilder anscheinend umsonst zu liefern versprach, dürfte er auf rege Nachfrage gestoßen sein. Nur eine kleine Unbequemlichkeit mußten die Kunden auf sich nehmen: Um in den Genuß der vollen Qualität der angebotenen Photos zu kommen, sollten sie einen Spezial-Viewer verwenden, der ebenfalls kostenlos zum Download bereit gestellt wurde.
Doch der Viewer hatte es in sich: Einmal
aufgerufen, stellte er die Verbindung zum Server nicht über den üblichen
Internetzugang der Kunden her, sondern wählte still und heimlich
eine gebührenpflichtige Nummer im südosteuropäischen Moldavien
an, etwas ähnliches also wie die 0130er Nummern der Telekom. Damit
wurde das Fernmeldekonto der sexygirls-fans
pro Minute um mehrere Dollar erleichtert, die sich die Telefonverwaltung
von Moldavia und der Serverbetreiber redlich teilten. Dazu kamen saftige
Auslandsgebühren. Allein in der kanadischen Provinz Quebec meldeten
sich über 1000 dupierte Kunden bei ihrer Telefongesellschaft und
machten Schäden von jeweil 500 bis 700 CDN geltend.
Die Dummen, so sieht man, werden nicht alle.
Aber die Schlauen auch nicht. Als die beiden Ingenieurstudenten Jerry Yang und David Filo vor knapp drei Jahren ihr Studium an der Stanford-University abbrachen, um auf dem Internet ihr Glück zu machen,hätte mancher ihrer Professoren keinen roten Heller darauf gesetzt, daß die beiden mit ihrer windigen Idee jemals auf einen grünen Zweig kommen würden: Einen Index für das WorldWideWeb hatten Yang und Filo entwickelt, ein nach zahllosen Obergruppen, Hauptgruppen und Untergruppen aufgeschlüsseltes Verzeichnis, das allen, die ratlos vor dem riesigen Heuhafen des Web standen, den Weg zu ihrer ganz persönlichen Nadel weisen sollte. Kostenlos wollten die beiden diesen Dienst anbieten, und trotzdem Geld verdienen - einfach abenteuerlich.
Nun, das Unternehmen ist inzwischen unter dem Namen Yahoo weltweit bekannt geworden, und seitdem die Betreiber die täglich millionenfach besuchten Seiten ihres Verzeichnisses als Werbeflächen vermieten und überdies vor knapp einem Jahr erfolgreich den Gang an die Börse angetreten haben, fließen die Dollars in Strömen.
Wie sehr sie strömen, ist einer Pressemeldung der Stanford-University von Mitte Februar zu entnehmen. Danach haben Yang (28) und Filo (30) ihrer so abrupt verlassenen alten Hochschule die runde Summe von zwei Millionen Dollar gespendet, mit der an der ingenieurwissenschaftlichen Fakultät ein neuer Lehrstuhl begründet werden soll.
Zumindest für Amerikaner, so scheint es, liegen der wilde Westen und das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ab sofort im Cyberspace.
Der 25. März war der Tag, an dem Österreich von der Landkarte verschwand. Nein, nicht von den richtigen - nur von den virtuellen Karten des Internet, und auch nicht auf Dauer, sondern bloß für zwei Stunden. Doch immerhin: Wer an jenem denkwürdigen Donnerstag zur digitalen Rushhour von 16 - 18 Uhr E-Mail nach Österreich versenden wollte oder eine Website mit der Länderkennung "at" besuchen wollte, konnte erfahren, auf wievielerlei Weise das Internet ein und dieselbe Nachricht übermitteln kann: Kein Anschluß unter dieser Nummer.
Etwa 98% aller österreichischen Internetprovider beteiligte sich an der Aktion "Ein Land geht offline".Sie protestieren dagegen, daß die Polizei am 20. 3. auf Anordnung der Wiener Richterin Helene Partik-Pabl; die Geschäftsräume des Providers ViP durchsucht und dabei kurzerhand alle Rechner und sämtliche Plattenlaufwerke mitgenommen hatte - wie es heißt, ohne die Geräte ordentlich herunterzufahren, Netzstecker raus und weg damit. Begründung des terroristischen Vorgehens, das ViP die Existenzgrundlage entziehen und seine Subskribenten in ernste Schwierigkeiten bringen kann: Ein Kunde des Providers, dessen Name und Anschrift der Polizei übrigens bereits bekannt sind, hat im März vor einem Jahr kinderpornographischesMaterial ins Netz gestellt.
Daß Provider Mails und News ihrer Kunden weder lesen wollen noch lesen dürfen, interessierte den Justizapparat ebensowenig wie der Umstand, daß nach einem Jahr auch kein Fitzelchen der inkriminierten Bilder mehrauf den "zur Beweissicherung" beschlagnahmten Platten zu finden sein dürfte. Ihre durchschnittliche Halbwertszeit beträgt schließlich nich t mehr als zwei oder drei Tage. Stecker raus - basta.
Mit dieser Aktion verdient Österreich sich einen Ehrenplatz in der Reihe der Staaten, die sich beim Versuch zur Zensur des Internet entweder gründlich blamiert - oder selbst vom Internet ausgeschlossen haben. Gleich neben Deutschland, dessen Bundesanwaltschaft im letzten Jahr der schon vergessenen Revoluzzer-Postille "radikal" durch die Blockade des niederländischen Servers xs4all ungeahnte Publizität verschaffte. Und bestimmt noch vor den USA, wo derzeit wieder mal erbittert darüber gestritten wird, ob das Verbot von Pornographie auf den Netzen gegen die Freiheit der Information verstößt - oder vielmehr deren Vorbedingung sei, da nur ein jugendfrei herausgeputztes Netz auch Kindern und Schulen zugänglich gemacht werden könne.
Während hier ernsthafte Politiker und renommierte Juristen anscheinend ganz versessen darauf sind, sich lächerlich zu machen, wächst in anderen Weltgegenden die Zahl der Staaten, die sich lieber faktisch vom Internet abklemmen, statt die grenzenlose Offenheit des neuen Mediums zu akzeptieren. Nach China und Singapur, die den Netzzugang bereits im vergangenen Jahr auf handverlesene Nutzer und Adressen einschränkten, haben im Februar auch die vereinigten arabischen Emirate den großen Stecker gezogen: Die immerhin 9700 User von Abu Dhabi und umliegenden Ortschaften dürfen sich nicht mehr frei im Netz bewegen, sondern können nur noch auf den Teil zugreifen, der unter Aufsicht der Polizeibehörden auf den Platten des einzi gen Providers der Scheichtümer bereitgehalten wird.
Internet nach Feudalherrenart. Den at-Providern ist zu danken, daß sie demonstriert haben, wo derlei früher oder später endet. Die ganze Chronique scandaleuse ist nachzulesen unter www.internet.at - hoffentlich.
Der Lebensretter von heute springt nicht mehr in eiskalte Fluten, um Kinder vor dem Ertrinken zu retten, und er holt sich auch keine Rauchvergiftung in einem brennenden, vom Einsturz bedrohten Haus. Der moderne Lebensretter, man ahnt es schon, rettet per Internet.
Der gelähmte John Elliot aus Englan spielte gerade mit seiner Chicagoer Webbekanntschaft Dee Dobyne das Ratespiel Scrabble, als ihn ein Anfall aus dem Rollstuhl kippte und hilflos auf den Boden warf. Fast hilflos. Irgendwie schaffte er es, nach der Tastatur zu angeln und einen Hilferuf an seine Online-Partnerin abzusetzen, bevor er das Bewußtsein verlor. Die frühere Telephonistin Dobyne setzte am Telephon und über das Net Himmel und Hölle in Bewegung, um die Anschrift des Mannes ausfindig zu machen - sie wußte nur, daß er in der Nähe von Cheltenham wohnte. Nach 5 Stunden hatte die britische Polizei die gesuchte Adresse ermittelt. Als der Rettungsdienst kam, war Elliot gerade wieder dabei, sich zu erholen, ziemlich verwirrt, und sehr dankbar für die Hilfe. Das war Anfang April.
Kaum 14 Tage später das gleiche Szenario. Diesmal war es ein 12jähriger Texaner, der die "Hilfe"-Rufe ernstnahm, die während seines Chats mit einer Reihe von Online-Partnern plötzlich über den Bildschirm huschten. Mit Hilfe seiner Mutter brachte er es fertig, das örtli che Sheriff-Büro und eine größere Zahl von Angestellten diverser Telephongesellschaften zu mobilisieren. Ihnen gelang es, die Quelle der Hilferufe bis zu einer Universität in Finnland zurückzuverfolgen, wo eine an Asthma leidende Studentin - sie war über Nacht an ihrem Rechner eingeschlossen worden - einen lebensbedrohenden Anfall erlitten hatte. Am schwierigsten war es dann wohl, den Raum ausfindig zu machen, in dem die Studentin sich aufhielt - so eine Hochschule kann recht verwinkelt sein.
Reporter Charles Bowen von Compuserve, der beide Fälle für den hauseigenen Informationsd ienst Online Today recherchierte, fügt beim zweiten hinzu, daß Interpol der Sache nachgegangen sei und klargestellt habe, daß es sich keinesfalls um einen schlechten Scherz gehandelt habe.
Der Hinweis erscheint nicht ganz überflüssig, und das nicht nur deshalb, weil es auf den Datennetzen jede Menge schräger Vögel gibt, die sich gerne mal einen Scherz erlauben, über den außer ihnen keiner so richtig lachen kann. Die Lebensrettergeschichten passen auch nur zu gut in das Bestreben des Online-Dienstes, das - auch mit seiner tatkräftigen Hilfe - von Pornoanbietern lädierte Image der Online-Welt wieder etwas aufzupolieren. Und für die digitalen Ausbeuter von Kinderpornographie enthalten die beiden Berichte in der Tat eine bemerkenswerte Warnung: Wenn die zivilisierte Welt alle Hebel in Bewegung setzt, um den Absender einer Nachricht auf dem Netz ausfindig zu machen, dann kann das zu erstaunlichen Erfolgen führen.
Da soll uns also Compuserve und sein deutscher Geschäftsführer Somm, der jatzt gerade ein Verfahren wegen Verbreitung von Kinderpornographie am Hals hat, nicht immer wieder erzählen, das ginge nicht.
Von wegen kleine grüne Männchen! Aliens sind grau, tieftraurig grau, in ihren dicken Köpfen haben sie ein enormes Gehirn, und Augen, diese riesigen, schräggestellten Augen, ein bißchen wie Insektenaugen, aber dann doch wieder passend zum Babyface-Effekt - sehr bemerkenswert
Photos von Aliens, die irgendwo mit ihren
Raumschiffen verunglückt sind, findet man an vielen Stellen im Internet
- eine besonders beeindruckende Kollektion bietet http://www2.eu.spiritweb.org/Spirit/image-gallery-
ufos-alienbodies.html -, aber am besten gefallendoch die aus der Serie
von www.execpc.com/vjentpr/roswart. Zugegeben, die Bilder sind ebenso
unklar wie die Berichte über ihre Herkunft, aber wenn wir diesen
Planeten schon mit Besuchern von fernen Sternen teilen müssen - dann
sollen sie so aussehen wie die von Roswart.
Das Internet weiß alles über die Außerirdischen, die vergessenen Bigfoots, den Yeti, die Men in Black mit ihren unheimlichen Fluggeräten und natürlich auch über die Kreise in den Getreidefeldern und ihre Verursacher. Zum Einstieg empfiehlt sich das Picard-Studienzentrum www.pufori.org/picard.htm. Eine Liste zu ufologischen Websites bietet http://www.ozemail.com.au/~asaikovs, und unter ftp.rutgers.edu/pub/ufo ist eine ganze Bibliothek einschlägiger Texte zum Download abgelegt.
Systematisch veranlagte Menschen haben Klassifikationssysteme entwickelt, mit denen man Ufos, Aliens und die näheren Umstände des Zusammentreffens mit ihnen eindeutig beschreiben kann (http://distorted.clan.net/bigt/aliens), so daß der Wissenschaft nichts verloren geht. E.Gre er, der/die leider nur eine Privatadresse und keinen Hochschulaccount mitteilt, sucht für die Doktorarbeit in der Newsgroup "alt.aliens.imprisoned" Berichte von Leuten, die von Außerirdischen entführt waren. Die Zahl dieser Bedauernswerten wird in den USA täglich größer, und die Erforschung ihres Schicksals ist bereits ein eigenes Wissenschaftsgebiet.Einem kalifornischen Chirurgen gelang es jetzt sogar, im Körper eines offenbar zu Forschungszwecken Entführten Implantate aufzufinden, die die Kollegen vom unbekannten Stern dort zu unbekannten Zwecken hinterlassen hatten (www.iscni.com/flash/flash118.html). Leider will der Kalifornier unbekannt bleiben.
Überhaupt ist alles, was mit den Außerirdischen zu tun hat, in einen Nebel der Geheimhaltung und Verschleierung gehüllt. Dahinter steckt die Regierung in Washington, die die Bevölkerung dumm halten will. Wer näheres über das Komplott erfahren und gegen die Heimlichtuerei protestieren will, kann das auf http:www.schmitzware.com/IUFOG/iufog-gov.html.
Trotz dieser Behinderungen strömen die Aliens nach USA, von dort kommen die weitaus meisten Berichte. Das fremdenfeindliche Deutschland scheinen die Aliens demgegenüber wohlweislich zu meiden. Der einzige Bericht - ein Ufo-Absturz bei Timmendorfer Strand mit zahlreichen Toten unter der Besatzung - war vor Jahren von einem amerikanischen Offizier aufgezeichnet worden.
Über Nacht sind in der Nachbarschaft Kornkreise aufgetaucht? Sie haben im Urlaub den Yeti gesichtet? Oder beim Management-Symposium den endgültigen Erscheinungstermin für Windows 97 in Erfahrung gebracht? Ab mit den Neuigkeiten ins große Netz, dort liegen genug Leute auf der Lauer, die gerade darauf noch gewartet haben.
Immer wieder gerne gelesen werden auch Warnungen vor Computerviren mit angeblich neuartigen Verbreitungswegen (Good Times) oder die herzzerreißende Geschichte von dem krebskranken kleinen Jungen, der sich nichts sehnlicher wünscht, als vor seinem Ende noch möglichst viele e-mails aus möglichst vielen Ländern der Erde zu bekommen. "Schreibt alle E-mail-Partner an und gebt diese Warnung, diesen Wunsch weiter" heißt es da, und dann geht eine Woge von Hilfsbereitschaft rund um den Globus, in der regelmäßig ein paar schwächere Mail-Server untergehen. Jede Grenze des Ulks wird da überschritten, wo - von wem auch immer - Branchengerüchte ins Net gepostet werden, die die Kunden eines Unternehmens verunsichern, seinen Kredit untergraben und den Aktienkurs in den Keller gehen lassen.
KDas Internet bietet eine von keinem kritischen Redakteursauge (freilich auch von keinem Polizeiminister) kontrollierte Möglichkeit zur Verbreitung von Nachrichten jeder beliebigen Qualität. Das stellt hohe Ansprüche an die Kritikfähigkeit aller, die dort nicht nur Unterhaltung suchen, sondern auf Facts und Informationen aus sind.
Getreu der alten Weisheit, daß Computer eine große Hilfe bei der Bewältigung von Problemen sind, die wir ohne Computer nicht hätten, bietet auch hier das Web inzwischen seine unentbehrlichen Dienste an. Eineganze Reihe von Websites hat sich die Aufgabe gestellt, beliebte Internet-Hoaxes und die kaum seriöseren, dafür aber auch oft genug in Printmedien kursierenden "Urban-Legends" auf ihren Tatsachengehalt zu überprüfen.
Eine nachgerade wissenschaftlichen Ansprüchen genügende und konsequenterweise als Unterrichtsmaterial zu einer Vorlesung "The Culture of Inauthenticity" von Prof. Ima Fake aufgemachte Sammlung von Fälschungen in Geschichte und Gegenwart bietet http://www.indiana.edu/~iuscp/Z100.html.
Ganz konkret auf einzelne derzeit in den USA und international kursierende Geschichten läßt sich Barbara "Ich will es wissen" Mikkelson ein (http://www.snopes.com/spoons/legends/legends.htm). Sie zeichnet detailliert nach, wo die Ursprünge populärer Legenden liegen und wie wenig daran - wenn überhaupt - zutreffend und wie viel davon erfunden ist.
Internet-Hoaxes, die Angst vor falschen Viren verbreiten oder mit üblen Ratschlägen auf Tölpeljagd gehen (Muster: wenn Sie diese Fehlermeldung lesen, schalten sie ihren Rechner nicht aus, sondern trennen die Verbindung zwischen Modem und Telefonleitung mit einer Schere) sind auf http://ciac.llnl.gov/ciac/bulletins/h-05.shtml aufgespießt. Eine größere Zahl von Links zu Servern, die sich mit den digitalen Nachfahren Münchhausens befassen, werden auf http://spitfire.ecsel.psu.edu/~redjen/ul.html und bei http://ccc-shop.wpi.edu/virus/myths.htm geboten. Da ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis der erste Server auftaucht, der auch dieses Angebot einer kritischen Würdigung unterzieht.
Während die Server mit den Marsbildern immer noch von Schaulustigen umlagert sind, hat man völlig ungehinderten Zugang zu den Websites, die über Planeten informieren, zu denen sich so schnell keine Sonde auf den Weg machen wird. Die sogenannten "Exoplaneten" umkreisen fremde Sterne außerhalb unseres Sonnensystems. Die nächstgelegenen sind zwar nur einige Lichtjahre von uns entfernt, doch auch das heißt: für alle absehbare Zeit unerreichbar.
Den Ruhm, als erster solche Planeten "entdeckt" zu haben, beansprucht der amerikanische Astronom Alexander Wolszczan. (http://www.astro.psu.edu/users/pspm/arecibo/planets/ planets.html). Er bestätigte die Vermutung, daß es sich bei den sogenannten "Pulsaren" - das sind Sterne, deren Strahlung starken regelmäßigen Schwankungen unterliegt - um Doppel- oder Mehrfachsysteme handelt, bei denen ein helles Zentralgestirn von dunkleren Trabanten umkreist wird. Und er konnte ab 1991 für die Sonne PSR1257+12 im Sternbild der Jungfrau drei Planeten nachweisen, von denen zwei etwa doppelte Größe der Erde und der Dritte das Format des Mondes haben dürfte. Inzwischen ist noch ein vierter Trabant in Saturn-Größe dazu gekommen.
Die Website des amerikanischen Astronomie-Studenten Mamajek (http://www.physci.psu.edu/~mamajek/exo.html#3) nennt 15 Sterne, die mit guten Gründen in den Verdacht geraten sind, von Planeten umgeben zu sein, und was vielleicht noch interessanter ist, er vermittelt auch Einblicke in die Verfahren, mit denen die Astrophysiker herausfinden, ob die Strahlungsschwankungen von Pulsaren von nichtstrahlenden Planeten verursacht werden oder andere Ursachen haben. Nach wie vor sind diese indirekten Verfahren die einzige Methode zum Nachweis von Exoplaneten. Auch die stärksten Teleskope können dort, wo sie sein sollen, absolut nichts sehen
Als Heimat raumfahrtteibender Aliens kommen diese Planeten übrigens kaum in Frage.Nach Darstellung des Astronomen Darren Williams (http://www.astro.psu.edu/users/williams/xsolplan.html) sind die meisten ihrer Sonne so nahe, daß sie fast verglühen, oder so fern, daß sie in Weltraumkälte erstarrt sind. Nur einer mit dem romantischen Namen 16CygBb hält sich wenigstens einen Teil seines Jahres in "gemäßigten" Regionen auf, um dann gefährlich nahe an seine Sonne heranzukommen und sich später wieder ungemütlich weit von ihr zu entfernen. Daß dort etwas lebt, ist höchst unwahrscheinlich. Völlig ausgeschlossen ist es nach den Forschungen über Leben unter extremen Bedingungen (http://www.reston.com/astro/extreme.html) nicht.
Das Große Netz besteht nicht nur aus dem World Wide Web, und an ein paar heimlichen Plätzen dort halten sich immer noch Leute versteckt, die verwenden zur Kommunikation einfach Sprache als Medium, ganz ohne vorgesetztes "Multi-". Und manchmal zeichnen sie mit den simplen 26 Buchstaben, die unser Alphabet dafür bereithält, mehr "virtual reality" auf den Bildschirm als andere mit raffinierten 3-D-Algorithmen auf der Silicon Graphics.
Die Rede ist von den MUDs und MOOs, vernetzten Nachfahren der DUDs aus den Frühzeiten der privaten Computerei. DUD steht für Dragons und Dungeons, Drachen und Höhlen - das meint jene Sorte von allein aus Textschnipseln bestehenden Abenteuerspielen, in denen man kaum fehlgehen konnte, wenn man nach der Schilderung einer Drachenhöhle, eines Räuberlagers oder eines Burgsaales die Worte eintippte: "go east and take sword". Im Netz leben diese Spiele als Multi-User-Dungeons weiter, auch hier oft digitale Höhlenlabyrinthe, in denen grausliche Monster und finstere Magier ungezählte Schätze vor dem Zugriff der Abenteurer verbergen, die sich von weither als Sir Gawain oder Merlin, Hannibal oder Hagen in das System einwählen. Sie alle erscheinen nur als Beschreibung und im Dialog - für die Illustration ist die Phantasie zuständig. MOOs sind die objekt-orientierte Variante, die Programmierern und Mitspielern zusätzliche Möglichkeiten erschließt
GOD nennen die Mitspieler oft den Programmierer, der sich in einemWinkel des Großrechners ein solches virtuelles Universum eingerichtet hat und in wahrhaft göttlicher Allmacht über die Gesetze seiner Welt und das Schicksaal ihrer Bewohner befindet - bis ihm sein Institutsleiter dahinter kommt und kühl anordnet: Stellen Sie das ab, Schulze!
Gegenüber den Versuchungen der Kommerzialisierung haben sich MUDs und MOOs ziemlich resistent gezeigt, auch die bekannteren deutschen Vertreter des Genres, die sich freilich von den naiven Ursprüngen der Ritterspiele weit entfernt haben, sind Liebhaberprojekte auf Universitätsrechnern. Vielleicht sucht ja mal jemand in Magdeburg nach "Final Frontier" oder in München nach "Imbris".
An angelsächsischen Universitäten bekennt man sich ohne Scheu zum naiven Geschmack. Besonders populär sind Plots, die sich an vielgelesene Fantasy-Romane anschließen und jedem Joe Nobody die Chance geben, in die Rolle unsterblicher Heroen mythischer Zeitalter zu schlüpfen. Fans von Robert Jordans inzwischen auf über 6000 Seiten angewachsenen und immer noch weit vom Ende entfernten Epos "The Wheel of Time" können unter www.chem.pwf.cam.ac.uk/~dmw10/callandor/ nachlesen, mit welchem Einsatz die Gestalter virtueller Wunderwelt daran gehen, die Bewohner ihres MUD mit Wetter und Jahreszeit, Währung und magischer Wissenschaft auszustatten. Eine aktuelle Liste von 460 MUDs und MOOs bietet Andrew Wilson auf www.cm.cf.ac.uk/htbin/AndrewW/MUDlist. Und wer wissen möchte, wie er es anstellen soll, um selbst unter die Abenteurer zu gehen, ist mit einem Blick auf andes.ip.ucsb.edu/~krend/muds.html gut beraten.
Die vielen schönen bunten Bilder im World Wide Web lassen leicht vergessen, daß einer der Ursprünge des großen Netzes in der Absicht lag, knappe Rechnerressourcen möglichst vielen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen und ihnen ein leistungsfähiges Instrument zum Austausch von Daten und Informationen an die Hand zu geben. Manche Website einer Universität oder eines Institutes sieht ja auch heute noch aus, als ob sie in der Internet-Steinzeit entworfen worden wäre. Andere, etwa die der NASA (www.nasa.gov) oder der Smithsonian Institution (bemerkenswert: www.nasm.si.edu/StarWars) haben sich zu Attraktionen entwickelt, die zeitweise Millionen von Besuchern an einem Tag anlocken.
Das Rückgrat der seriösen Webangebote mit wissenschaftlichem Angebot bilden die WWW-Ableger der großen Wissenschaftsmagazine wie Nature (www.nature.com) und Science (www.sciencemag.org), in Deutschland von Bild der Wissenschaft (www.bdw.de) und Spektrum (www.spektrum.de). Das komplette Angebot des jeweiligen Magazins sucht man dort freilich vergebens - die Verlage wollen und können nicht all das kostenlos auf das Web stellen, dessen Vermarktung die Grundlage ihrer wirtschaftlichen Existenz bildet. Damit die eher sparsame Auswahl ihrer Magazingeschichten nicht allzu dünn erscheint, bieten sie im Netz meistens noch Newsletter oder Ticker, die wöchentlich oder sogar täglich über aktuelle Meldungen aus Forschung und Entwicklung informieren - oft sehr gehaltreich.
Neben den Online-Ausgaben der großen Zeitschriften sind in den letzten Jahren auch wissenschaftliche Online-Magazine entstanden, die ganz ohne Papierausgabe auskommen. Die meisten sind für den Leser kostenlos und werden durch Sponsoren, also durch Werbung, finanziert. Einige davon, wie die aus einer privaten Hamburger Homepage entstandene "MorgenWelt" (www.morgenwelt.de) und in den USA das ScienceDaily Magazine (www.sciencedaily.com), die Helios Sites (www.helios.org/sites) odere EurekAlert (www.eurekalert.com), bieten Berichte und Nachrichten aus der Wissenschaft in hoher Qualität und beträchtlichem Umfang. Wer auch nur einen Teil davon regelmäßig auswerten wollte, könnte einen guten Teil seiner Arbeitszeit dafür aufwenden.
Die Wissenschafts-Sites gehören deshalb zu den Vorreitern einer neuen Entwicklung, die gerade darangeht, das WWW und die Art seiner Nutzung grundlegend umzugestalten. Von "Pull" zu "Push" ist die Parole, und damit ist gemeint, daß man sich nicht täglich und wöchentlich seine Nachrichten selbst "ziehen" muß, sondern daß man beim jeweiligen Informationsanbieter in einer Art Fragebogen seine Interessensgebiete ankreuzt, und dann "drückt" der Server einem automatisch bei jedem Netzbesuch alle Nachrichten und Artikel auf die Festplatte, die diesem Profil entsprechen.
Nur lesen muß man sie dann noch selbst. Und früher oder später sicher auch bezahlen, denn daß dieser Service auf Dauer kostenlos bleiben wird, ist schwer vorstellbar.
Augen zu, und durch: Neben all dem Lametta, das derzeit wieder auf den Webseiten glitzert, gibt es einige neue Glanzstücke im Netz, die auch dann noch ihren Wert haben werden, wenn anderswo schon wieder der Osterhase abgefeiert wird. Besonders, wer sich auch im Zeitalter der elektronischen Information das Lesen nicht verleiden lassen will, hat Grund zur Freude: Gedrucktes wird immer leichter über digitale Medien erreichbar.
Der Verbund zwischen elektronischen und Print-Medien nimmt Gestalt an. Netzbuchhandlungen, die einen Katalog ihres mal größeren und mal kleineren Sortiments im WWW bereitstellen, gibt es schon seit längerem. Nun hat sich auch die Buchhändlervereinigung einen Ruck gegeben und den bislang nur gegen teures Geld erhältlichen VLB, das sagenhaft komplette "Verzeichnis lieferbarer Bücher", ins Netz (Ei nstieg bei www.buchhandel.de) gestellt. Zur kostenlosen Benutzung, und mit einer handlichen Anwenderoberfläche. Der Umstand, daß man auchauf Knopfdruck bestellen kann, erscheint dabei als höchst sinnvollesDienstleistungsangebot.
Wer sich nicht auf lieferbare Titel beschränken will und kann, hat seit kürzerem auch Zugriff auf den Hauptkatalog (OPAC) der Deutschen Bibliotherkin Frankfurt, die alle seit dem Krieg in Deutschland erschienen Bücher in ihren Beständen hat und damit dem Streben nach Vollständigkeitin der Recherche beste Voraussetzungen bietet. Leider haben die Frankfurter den Zugang zu diesem Schatz (www.ddb.de/online/index.htm) ganz in der Tradition von Dungeons and Dragons so gekonnt hinter einer Webseite versteckt, die ihn noch als Zukunftsversprechen ankündigt, daß erst ein Anruf bei der Bibliothek Klarheit brachte:
Doch, der Katalog ist da und mit präziser Wegbeschreibung auch erreichbar - und im nächsten Jahr wird alles besser. Der große Mangel aller Bibliothekskataloge ist, daß sie natürlich nur die bibliographischen Daten der Bücher mitteilen können - wer auch den Inhalt sehen will, muß sich das Buch auf dem Umweg des Bibliotheksbesuches und oft genug über eine zeitraubende Fernleihe besorgen. Hier gibt es jetzt eine bemerkenswerte Novität: Bund und Länder haben eine Initiative mit dem schönen Namen "Subito" ins Leben gerufen, die zumindest für Zeitschriftenartikel auch den Inhalt verfügbar macht. Wer also bei seinen Recherchen im Netz auf einen Zeitschriftenartikel gestoßen ist, kann ihn jetzt bei Subito (www.subito-doc.de) bestellen und bekommt ihn innerhalb von drei Arbeitstagen ins Haus geschickt: Ganz nach Wunsch als Fotokopie mit der Schneckenpost, als Fax oder auch per E-Mail. Und das alles für Normalverbraucher zum Preis von 5 Mark pro Artikel. Publikationen in entlegeneren Fachblättern, die im Zeichen der Sparpolitik an vielen Bibliotheken nicht mehr geführt wurden, werden damit wieder leichter erreichbar.
Fragt sich bloß, wer diese Unmengen an Information, die mit alledem in unmittelbare Reichweitegerückt sind, auch noch bewältigen soll. Die Nachrichtenagentur Reuter hat bereits erste Anzeichen dafür gesichtet, daß immer mehr Geschäftsleute zu "dataholics" werden, die mehr Informationen heranschaffen, als sie wirklich brauchen, und dann von der Fülle des Materials erschlagen werden.
Aktuell zusammengestellt:
Netgeschichten zu staatlicher Regulierung und kommerzieller Okkupation des Netzes.
Gefilterte Freiheit - wie das Netz zum "sauberen" Kanal für den Kommerz gemacht werden soll.
© für alle Texte:
Dr. Michael Charlier